Heirat und Unabhängigkeit

Heirat und Unabhängigkeit

Shri Matajis Kindheit und Jugend fiel mit der Geburt der neuen indischen Nation zusammen, und auch ihr Leben als junge Ehefrau und Mutter war von diesen Ereignissen geprägt.

Nirmala Salve – jetzt weithin bekannt als Shri Mataji Nirmala Devi – heiratete Chandrika Prasad Srivastava am 7. April 1947. 129 Tage später, am 14. August 1947, wurde Indien ein freies Land.

„Babamama“, wie Shri Matajis jüngerer Bruder, Hemant Prasadrao Salve liebevoll genannt wurde, erzählte: „Während der kommunalen Unruhen nach der Teilung 1947 klopfte es einmal an unserer Tür. Als Nirmala öffnete, standen eine junge Frau und zwei Männer draußen, alle drei sehr verängstigt. Sie seien Flüchtlinge aus Pakistan, sagten sie, und da einer von ihnen Muslim sei, hätten die Hindus sie mit Schwertern verfolgt. Nirmala nahm sie ohne auch nur eine Sekunde zu zögern auf und versteckte sie bei sich.

Nirmala und Chandrika P. Srivastava

kurz nach der Vermählung

Etwas später standen ein paar Leute mit gezogenen Schwertern vor der Tür und behaupteten, bei uns im Haus sei ein Muslim. Nirmala stritt das vehement ab und gab vor, selbst eine strenge Hindu zu sein. Wie könne sie da einen Muslim beschützen? Anfangs wollten ihr die bewaffneten Männer nicht glauben, aber dann bemerkten sie den großen roten Punkt auf ihrer Stirn, ein Symbol für eine verheiratete Hindu-Frau, und zogen schließlich überzeugt weiter.“[1]

Shri Mataji mit Tochter Kalpana

Damals war Shri Mataji schon schwanger, und im Dezember 1947 wurde ihre Tochter Kalpana geboren. Am 29. Januar 1948 besuchte sie Mahatma Gandhi. Er nahm Kalpana auf seinen Schoß und sagte zu Shri Mataji:

„Nepali“ – diesen Kosenamen hatte er ihr gegeben. „Du siehst immer noch so aus wie früher und jetzt bist du schon Mutter. Wann wirst du mit deiner spirituellen Arbeit beginnen? Wir sind jetzt frei und du solltest anfangen, deine Pläne umzusetzen.“

Tragischerweise wurde Mahatma Gandhi beim Abendgebet am nächsten Tag von einem politischen Extremisten ermordet.

1948 trat Shri Matajis Ehemann – nach seiner Erhebung in den Adelsstand durch Königin Elisabeth weithin als Sir C. P. bekannt – seinen Dienst beim indischen Staatsdienst an. Auf Shri Matajis Rat hin entschied er, zunächst nicht ins Ausland zu gehen und seinem Land innerhalb der Landesgrenzen zu dienen. Im Februar 1950 wurde ihre zweite Tochter Sadhana geboren, und im Mai des gleichen Jahres Sir C. P. zum Magistrat der Stadt Lucknow (Uttar Pradesh, Indien) ernannt, wo die Familie dann einige Zeit lebte.

Ende 1951 wurde Sir C. P. als zweiter Kreisdirektor von Meerut (Uttar Pradesh, Indien) eingesetzt. Die Familie bewohnte einen im britischen Stil gebauten Bungalow mit großem Anwesen. Shri Mataji, die nun zwei kleine Kinder hatte, verwandelte das ungenutzte an den Bungalow angrenzende Land mit Hilfe eines Landarbeiters in einen fruchtbaren Gemüsegarten. Sie pflanzte Gemüse für den Eigenbedarf und verkaufte die übrige Ernte, um das Familieneinkommen aufzubessern. Ihr Bruder schreibt in seinen Memoiren:

"Shri Matajis Gemüsegarten galt als der beste der ganzen Region. Ihre Auberginen waren so groß, dass man sie kaum tragen konnte. Sie hatte extrem großen Blumenkohl und auch riesige Tomaten und Gurken. Die Größe ihres Gemüses war wirklich unglaublich.“

1953 zog Shri Matajis Familie nach Mumbai, wo Sir C. P. zum Generaldirektor der Indischen Schifffahrtsgesellschaft ernannt wurde. In den Memoiren Babamamas finden wir Erinnerungen an wundervolle Sommerferien mit Shri Mataji und ihren Kindern in Pachmarhi. Der Ort unweit von Chhindwara in Zentralindien war während der britischen Besatzung eine Bergstation. Es ist eine atemberaubende Gegend mit alten Höhlen, Wasserfällen, Wäldern und Wildtieren. Auch in Nagpur, wo viele Verwandte lebten, verbrachte Shri Mataji viel Zeit mit ihrer Familie.

Am Sonntag, den 8. Februar 1955, wurde Shri Matajis Vater ins Krankenhaus eingewiesen. Eine Woche später versammelten sich alle seine Kinder um ihn. Shri Mataji stand ihm sehr nah und schätzte seinen Rat, besonders wenn es um spirituelle Fragen ging. Zu den Erinnerungen Babamamas gehört, dass Shri Matajis Vater sie einmal fragte, ob sie schon eine Methode gefunden habe, wie man die Selbst-Verwirklichung en masse geben könne. Prasadrao Salve verstarb am 17. Februar 1955 im Kreise seiner Familie.

Bewundernd schreibt Babamama:

”Schon der Anblick eines Bettlers reichte, um Shri Mataji Tränen in die Augen zu treiben; aber in diesem Augenblick eines so großen persönlichen Verlusts zeigte sie große Stärke und begann mit den Vorbereitungen für die Bestattung.“

Soweit wir zu erkennen vermögen, ist es der einzige Sinn der menschlichen Existenz, ein Licht anzuzünden in
der Finsternis des bloßen Seins.[1]

[1] Salve, H. P., 2000: My Memoirs, New Delhi, Life Eternal Trust
[2] Jung, C. G. und A. Jaffé, 1962: Erinnerungen, Träume, Gedanken von C. G. Jung, Walter, Zürich