Welt-Frauen-Konferenz

4. Welt-Frauen-Konferenz der Vereinten Nationen

Auszug aus dem überregionalen Runden Tisch, Peking, September 1995

Brüder und Schwestern der Welt,

für mich ist es eine große Ehre, über die globale Probleme der Frauen vor dieser erlesenen Versammlung zu sprechen. Zunächst möchte ich der Regierung und dem Volk unseres Gastlandes, der Volksrepublik China, meine tiefe Dankbarkeit aussprechen. Schon zweimal hatte das Privileg, China zu besuchen und bin eine große Bewundrerin der Weisheit und Kultur dieser großen Nation.

Dass wir uns zu diesem glorreichen Zeitpunkt der Geschichte der Probleme der Frauen so bewusst sind, konnte ich mir nicht vorstellen.

Weder im Osten noch im Westen

waren die Frauen im Stande,

ihre Größe voll zu manifestieren.

Wie meine Vorrednerin bereits feststellte, haben Frauen in ihrer Gesamtheit definitiv und über Zeitalter hinweg gelitten, weil wir nicht begriffen, welche Bedeutung sie haben und welche angemessene Rolle sie in der menschlichen Gesellschaft spielen. Die Gesellschaft selbst als Schöpfung der Frauen, versucht sie zu kontrollieren und zu unterdrücken.

Im Osten stehen die Frauen aufgrund fundamentalistischer Einflüsse unter großem Druck, doch ihre Moral basiert mehr auf Angst und weniger auf Freiheit. Im Westen kämpfen sie um ihre Freiheit. Doch was sie erreichen, ist eine fadenscheinige Freiheit, die es ihnen erlaubt, alle sozialen und moralischen Werte aufzugeben.

Während im Osten die meisten Frauen furchtsam und unterdrückt sind und sich nicht entfalten können, werden sie im Westen auf sexuelle Objekte reduziert und legen großen Wert darauf, ihren Körper zur Schau zu stellen. Sie streben danach, Werbung für Mode zu machen und oberflächliche Beliebtheit zu erlangen. Die meisten akzeptierten diese Stellung, da sie sonst im Chaos des Westens nicht hätten überleben können. Was hier jedoch verherrlicht wird, würden die meisten Frauen im Osten als demütigend und entwürdigend betrachten.

In beide Welten habe ich sehr tiefe Einblicke erhalten. Meinem Gefühl nach werden sich jedoch weder östliche noch westliche Frauen zu ihrem vollen Format weiblicher Besonderheit erheben, wenn sie keine neue Kultur entwickeln – eine Kultur, in der sie sich aus eigener Wertschätzung heraus erheben und so ausdrücken, dass sie für ihre Gesellschaft hohe moralische Standards schaffen.

Die weibliche Besonderheit liegt darin, dass sich Frauen vollkommen sicher fühlen und diese Sicherheit der Gesellschaft zur Verfügung stellen können – sofern sie für ihr Frausein respektiert werden, verstehen, wozu sie fähig sind und sich mit der erforderlichen Bildung autorisieren.

Im Westen gibt es viele Probleme. Doch obwohl sie Geld haben, haben sie keinen inneren Frieden.

Frauen sind die potenzielle Kraft jeder Zivilisation und jedes Landes, und es ist offensichtlich, dass sie die Schöpferinnen und Bewahrerinnen der gesamten Menschheit sind. Das ist die Rolle, die Gott der Allmächtige ihnen gegeben und zugeteilt hat.

Samen allein können aus sich selbst heraus nichts erschaffen. Es ist Mutter Erde, die die Blumen, Früchte und andere Gaben zur Verfügung stellt. Genauso ist es die Frau, die das Kind erschafft, das Baby nährt und schließlich die Bürger von morgen erzieht. Frauen stehen deshalb als Gebäude der gesamten Menschheit mit Mutter Erde auf einer Stufe.

Leider haben Männer ihre Muskelkraft dazu verwendet, Frauen gegenüber eine Vormachtstellung einzunehmen. Sie erkannten nicht, dass Frauen ergänzende und gleichwertige, aber nicht gleichartige Partnerinnen sind. Eine Gesellschaft, die diese grundsätzliche Wahrheit (nicht) anerkennt und Frauen ihre rechtmäßige Rolle nicht zugesteht, ist keine zivilisierte Gesellschaft.

In meinem Land gibt es eine Redewendung auf Sanskrit: "Yatra narya pujyante tatra ramante devata." Dies bedeutet sinngemäß: "Wo Frauen respektiert werden und respektabel sind, dort wohnen die Götter unseres Wohlergehens."

So liegt es im Augenblick an uns, den Wert dieser großen Macht zu verstehen, die uns von unserem Schöpfer gegeben wird. Doch was finden wir vor? Weder im Osten noch im Westen waren Frauen im Stande, ihre Größe vollständig zu manifestieren.

Ich schlage ganz und gar nicht vor, dass die einzigen gesellschaftlichen Rollen der Frauen die der Mutter, der Erzeugerin und Bewahrerin der Kinder oder einer Ehefrau oder Schwester sein sollte. Frauen haben das uneingeschränkte Recht, als gleichwertige Partnerinnen an allen Aspekten des sozialen, kulturellen, pädagogischen, politischen, wirtschaftlichen, administrativen und des restlichen Lebens teilzunehmen. Und um sich auf diese durchdringende Rolle vorzubereiten, müssen sie das Recht auf Bildung in allen Wissensbereichen haben. Doch wenn sie Mütter sind, haben sie sowohl ihren Kindern als auch der Gesellschaft gegenüber eine große Verantwortung.

Frauen sind die potenzielle Kraft jeder Zivilisation und jedes Landes und es ist offensichtlich, dass sie die Schöpferinnen und Bewahrerinnen der gesamten Menschheit sind.

Männer sind für die Politik und Wirtschaft des Landes verantwortlich, doch Frauen für die Gesellschaft. Frauen können Männer auch unterstützen und natürlich Führungspositionen in allen Bereichen einnehmen. Doch es ist sehr wichtig für sie, nicht zu vergessen, dass sie Frauen sind und eine tiefe mütterliche Anteilnahme und Liebe manifestieren sollten. Werden sie männlich und aggressiv, kann das Gleichgewicht der Gesellschaft nicht aufrechterhalten werden.

Während wir um die Rechte der Frauen bitten, muss ich gleichzeitig auch ihre grundsätzlichen Aufgaben in der menschlichen Gesellschaft betonen. Die westlichen Frauen – oder die dort ausgebildeten und auch einige andere – gingen ins andere Extrem, als sie politische, wirtschaftliche oder administrative Rollen übernahmen. Um mit Männern zu konkurrieren, wurden sie viel zu eigensinnig, egozentrisch und ehrgeizig und verloren ihre Frieden und Gleichgewicht bringenden, beruhigenden und gefälligen Qualitäten ...

Wir brauchen ein Gleichgewicht zwischen beiden Extremen. Wir brauchen Frauen als gleichwertige, aber nicht gleichartige Partnerinnen der Männer – mit einem feinfühligen Verständnis für die männliche Natur und wie man sie ins Zentrum und innere Gleichgewicht bringt. Für ausgeglichene Menschen, die friedlich in sich selbst ruhen, brauchen wir ausgeglichene Frauen.